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Interview mit Jean-Michel Verdier

Die Zukunft der Mobilität mit Technologiepartnerschaften

Jean-Michel Verdier ist Geschäftsführer von Continental Engineering Services (CES). Mit weltweit über 2.200 Mitarbeitenden und 20 Standorten ist CES seit seiner Gründung 2006 ein international gefragter Entwicklungspartner für Mobilitätslösungen – sowohl innerhalb als auch außerhalb der Automobilbranche. Als eigenständige Organisation innerhalb von Continental Automotive verbindet CES die Innovationskraft eines Technologieunternehmens mit der Agilität eines spezialisierten Engineering Dienstleisters.

Im Interview spricht Jean-Michel Verdier darüber, wie CES Kunden aus der Automobil- und Industriebranche mit maßgeschneiderten Lösungen unterstützt, welche Rolle Innovationen wie Ac2ated Sound spielen, und warum CES ein zentraler Bestandteil der zukünftigen Wachstumsstrategie von Continental Automotive ist. Dabei wird auch deutlich, warum CES nicht nur technologische Exzellenz liefert, sondern gleichzeitig als Brücke zwischen Serienentwicklung und neuen Anwendungsfeldern fungiert.

1. Herr Verdier, wer sind die Kunden von CES und was macht sie besonders? Welchen spezifischen Mehrwert bieten Sie diesen Kunden, den sie anderswo nicht bekommen können?

Unsere Kundenbasis umfasst sechs verschiedene Gruppen mit insgesamt bis zu 400 Einzelkunden. Nur eine dieser Gruppen besteht aus traditionellen, großen Automobil-OEMs. Die anderen fünf Gruppen setzen sich aus Nischenakteuren der Automobilbranche und wichtigen Mobilitätsinnovatoren außerhalb destraditionellen Automobilsektors zusammen.

  

Was alle unsere Kunden an CES schätzen, ist unser erfahrenes, globales und engagiertes Kundenservice-Team. Wir arbeiten eng mit ihnen zusammen, um maßgeschneiderte Ingenieurlösungen zu entwickeln und End-to-End-Produktangebote zu liefern, die nahtlos mit dem Continental Automotive-Portfolio verbunden sind.

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2. CES unterstützt sowohl Kunden innerhalb der Automobilbranche als auch darüber hinaus. Wie beeinflusst dieser doppelte Fokus Ihre Entwicklungsstrategien und Lösungen?

Unser doppelter Fokus erweitert unseren Horizont und stärkt unsere Anpassungsfähigkeit. Die Zusammenarbeit mit traditionellen Automobil-OEMs sowie mit zukunftsorientierten Akteuren aus angrenzenden oder ganz anderen Mobilitätsbereichen erlaubt es uns, Technologien, Fachwissen und Best Practices branchenübergreifend zutransferieren.

  

Diese Vielfalt treibt uns dazu, flexible, skalierbare Lösungen zu entwickeln, die technisch robust und an unterschiedlichste Anforderungen anpassbar sind – von „Production as a Service“ bis hin zu maßgeschneiderten Innovationen.

  

Unsere Ingenieurskultur fordert uns kontinuierlich heraus, kundenorientierter zu denken – indem wir Kundenbedürfnisse in greifbare Lösungen übersetzen.

3. Wie nutzen Sie die Stärken des Automotive-Portfolios von Continental, um innovative Lösungen für Ihre Kundengruppen zu entwickeln?

Die Mission von CES ist es, durch maßgeschneiderte Ingenieurlösungen für Kunden einen Mehrwert für Automotive Operations and Technology (AOT) zu schaffen. Unsere enge Zusammenarbeit mit den Business Areas ist dabei essenziell – nicht nur für unseren eigenen Erfolg, sondern auch für die   von AOT, zur Wertschöpfung für Automotive beizutragen.

  

Bei CES ergänzen wir die Kerntechnologien von Continental mit Innovationen, die speziell für die Anforderungen unterschiedlicher Kundengruppen entwickelt, angepasst und industrialisiert werden – von Hochleistungs-OEMs bis hin zu aufstrebenden Branchen.

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Ein Beispiel im Automobilbereich ist unser Flaggschiff Ac2ated
Sound
– ein leichtgewichtiges, oberflächenbasiertes Audiosystem, das von Frost & Sullivan als Branchenmaßstab anerkannt wurde. Es reduziert Bauteilgewicht und Einbauraum, liefert aber dennoch Konzertqualität. Inzwischen bieten wir Ac2ated Sound auch mit Dolby Atmos® an – für ein noch immersiveres3D-Klangerlebnis.

  

Für Performance-OEMs ist unser Motorsport-ABS-Kit besonders hervorzuheben. Es wurde für extreme Anwendungen wie den Bugatti Bolide (ein 1.600 PS starker Hypercar für den Rennstreckeneinsatz) entwickelt und für andere Plattformen wie den KTM X-Bow GT2 angepasst, wo präzises Bremsen entscheidend ist.

  

Aber wir gehen auch über die Automobilindustrie hinaus: Im Bereich Urban Air Mobility arbeiten wir beispielsweise mit Partnern wie HHLA Sky (eine Tochtergesellschaft der Hamburger Hafen und Logistik AG) zusammen und bringen Automobiltechnik wie Steuerungs- und Sicherheitssysteme in autonome Drohnen und Luftfahrzeuge ein.

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Mit Innovationen wie Ac2ated Sound zeigen wir, wie CES als Brücke zwischen Serienentwicklung und neuen Anwendungsfeldern fungiert – und so die Zukunft der Mobilität aktiv mitgestaltet.

4.  Können Sie einige Beispiele nennen, bei denen CES eine Großserientechnologie für eine Nischen- oder Nicht-Automobilanwendung angepasst hat?

Die Anpassung von Großserientechnologien für Nischenmärkte oder nicht-automobile Anwendungsfelder ist ein zentraler Bestandteil des Leistungsversprechens von CES. Wir greifen auf bewährte Systeme und Komponenten aus dem Continental-Portfolio zurück und passen sie an spezifische Anforderungen an, die ein höheres Maß an Flexibilität oder Spezialisierungerfordern.

  

Ein Beispiel dafür ist unsere Arbeit im Bereich Urban Air Mobility, die bereits in diesem Interview erwähnt wurde. Hier haben wir zur Industrialisierung der X4 beigetragen – Deutschlands erster Industriedrohne, entwickelt von HHLA Sky. CES brachte Engineering-Know-how und Produktionskompetenz auf Automotive-Niveau ein, um die Drohne in die Serienfertigung zu überführen – mit einem leichten, robusten Design für anspruchsvolle Einsätze wie Überwachung und Notfallhilfe.

  

Auch im Bahnsektor passt CES automobile Technologien an, um die Sicherheit und Effizienz im öffentlichen Verkehr zu verbessern. In Timișoara testeten wir ein Kollisionswarnsystem für Straßenbahnen, das Radar und GPS nutzt, um Hindernisse zu erkennen und bei Bedarf eine Notbremsung auszulösen. Zudem haben wir mit der VGF in Frankfurt an Fahrerassistenzlösungen gearbeitet und mit GCF in Italien, wo unsere Radarsysteme für mehr Sicherheit an Bahnübergängen sorgen – selbst bei widrigen Wetterbedingungen. Durch Projekte mit Stadler und anderen Partnern bringt CES seine Automobilkompetenz weiterhin erfolgreich in die Bahnindustrie ein, um urbane Mobilität sicherer und verlässlicher zu machen.

Yellow tram an the street of Brest, France

Auch mit Nischenherstellern wie Gordon Murray Automotive arbeiten wir zusammen – zum Beispiel beim T.33 Sportwagen. CES liefert dort maßgeschneiderte Systeme wie ESC, 48V-DCDC-Wandler und Startergeneratoren mit Getriebe, umhöchste Performance und Sicherheit zu gewährleisten.

  

Ein weiteres Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit HOLON an dessen autonomem People Mover. Hier passt CES ursprünglich für klassische Fahrzeuge entwickelte Technologien wie redundante Bremssysteme, Karosseriesteuergeräte und Gateways an, um den besonderen Sicherheits- und Integrationsanforderungen des autonomen, geteilten urbanen Transports gerecht zu werden. Die Partnerschaft unterstützt die Entwicklung von Systemen, die für SAE-Level 4/5 geeignet sind, und bringt autonome Mobilitätslösungen näher an die Serienreife.

  

Diese Projekte zeigen eindrucksvoll, wie CES robuste, industrialisierte Lösungen flexibel neukonfiguriert – für ein breites Spektrum an spezialisierten Mobilitäts- und Infrastruktur-Anwendungen.

Autonomous Mobility

5. Nachhaltigkeit ist ein zentrales Thema in der Automobilindustrie. Wie bereitet sich CES darauf vor, den wachsenden Anforderungen von Industrie und Regulierung gerecht zu werden?

Bei CES tragen wir mit praxisnahen, ingenieurgetriebenen Lösungen aktiv zu den Nachhaltigkeitszielen von Continental bei. Ein wichtiges Beispiel ist unsere Zusammenarbeit mit The Remakers, einem Teil der Initiative The Future is Neutral. Gemeinsam bereiten wir DCDC-Wandler für Elektrofahrzeuge wieder auf. Dies gibt den Komponenten ein zweites Leben, reduziert CO₂-Emissionen um bis zu 97 % pro Teil im Vergleich zur Neuproduktion und hilft so, Abfall zuvermeiden und Ressourcen zu schonen.

  

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Elektrifizierung: Wir unterstützen den Übergang vom Verbrennungsmotor zu effizienteren, elektrischen Antriebslösungen. CES entwickelt und integriert Hoch- und Niedervolt-Systeme, Kabelbäume und E/E-Architekturen – auch für Kleinserien- und Nischenfahrzeuge – und hilft so, Emissionen und Energieverbrauch durch sichere und skalierbare Lösungen zu senken.

  

Zur Förderung nachhaltiger Mobilität setzen wir außerdem auf Leichtbau Technologien wie Ac2ated Sound. Dieses System ersetzt konventionelle Lautsprecher durch Aktuatoren, die Fahrzeugoberflächen in Klangquellen verwandeln – und reduziert das Systemgewicht um bis zu 90 %.

  

Parallel dazu verbessern KI-gestützte Tools wie AI4Energy die Energieeffizienz auf Systemebene und senken den ökologischen Fußabdruck weiter. Insgesamt versetzen wir unsere Kunden in die Lage, regulatorische Vorgaben zu erfüllen, Emissionen über den gesamten Lebenszyklus zu senken und nachhaltige Mobilitätslösungen schneller zur Marktreife zu bringen.

  

CES sucht zudem gezielt nach Einsatzfeldern für seine Ingenieurkompetenz in Umweltprojekten. Ein Beispiel ist der Tree Seeding Robot, den wir gemeinsam mit Land Life entwickelt haben. Das vollelektrische, automatisierte System pflanzt Saatkugeln präzise in schwer zugänglichem Gelände und ermöglicht so eine effiziente Wiederaufforstung in klimabelasteten Regionen.

  

Ein weiteres Beispiel ist unser Weed Control System, das in Zusammenarbeit mit ContiTech entstanden ist. Die nachhaltige Agrarlösung nutzt KI-gestützte optische Sensoren, um Unkraut präzise zu erkennen und mit heißem Wasser – statt Chemikalien – zu bekämpfen. Ursprünglich bei CES entwickelt, kombiniert das System Automotive-Software mit Sensortechnik und bietet umweltschonenden Pflanzenschutz. Derzeit wird es validiert und auf eine industrielle Serienfertigung vorbereitet – als skalierbares Werkzeug für die smarte, nachhaltige Landwirtschaft.

  

Mit all diesen Maßnahmen leisten wir einen relevanten Beitrag zu nachhaltiger Mobilität – durch verlängerte Produktlebenszyklen, höhere Systemeffizienz und den Einsatz unserer Technologien in neuen, umweltrelevanten Anwendungen.

Wir sehen uns nicht nur als Engineering-Dienstleister, sondern als strategischer Partner – mit der Agilität eines Start-ups und dem Technologiezugang eines Konzerns.

6. What is CES’ unique selling point in the market?  

CES ist ein integraler Bestandteil des Continental-Geschäftsbereichs Automotive und profitiert von der technologischen Führungsrolle und der langjährigen Expertiseunseres Mutterkonzerns.

  

Gleichzeitig agieren wir innerhalb dieser großen Organisation wie ein agiles „Speedboat“ – schnell, flexibel und mit der Fähigkeit, neue Ideen zügig zur Marktreife zu bringen. Diese Agilität erlaubt es uns, als Inkubator für maßgeschneiderte Lösungen zu dienen, die in klassischen Großserienstrukturen oft keinen Platz finden.

  

Unsere große Stärke liegt auch in der Nähe zu unseren Kunden – technisch wie organisatorisch. Wir verstehen uns nicht nur als Lieferant, sondern als verlängerter Entwicklungsarm unserer Partner und entwickeln gemeinsam mit ihnen Lösungen, die genau auf ihre Anforderungen zugeschnitten sind.

  

Möglich wird das durch unser globales, hochqualifiziertes Expertenteam. Unsere Ingenieurinnen und Ingenieure vereinen tiefgehendes technisches Know-how mit einem praxisorientierten, unternehmerischen Mindset.

  

Mit dieser Kombination aus Konzernzugang, Agilität und Kundenfokus ist CES ein gefragter Entwicklungspartner – und ein wichtiger Treiber auf dem Weg zu einer anpassungsfähigen, zukunftsorientierten Mobilität.

  

Erfahren Sie mehr über Continental Engineering Services hier: https://conti-engineering.com/